Sind höhere Dosierungen von antiviralen Medikamenten bei schweren Grippefällen wirksamer?
Veröffentlicht von Dr. Sofia Urner, überprüft von Mariana Blagojevic | 2024-Apr-13
Jeder Winter bringt die Grippesaison mit sich, und nicht selten sehen sich Ärzte mit schweren Fällen konfrontiert, die eine intensivere Behandlung erfordern. In solchen Situationen stellt sich die Frage, ob eine Erhöhung der Dosis von antiviralen Medikamenten tatsächlich von Vorteil sein kann.
Influenza, umgangssprachlich als Grippe bezeichnet, ist eine hochansteckende Atemwegserkrankung, die durch Influenzaviren verursacht wird. Bei den meisten Patienten verläuft eine Grippeerkrankung mild, aber in einigen Fällen, insbesondere bei Risikogruppen wie älteren Menschen oder Personen mit Vorerkrankungen, kann sie einen schweren Verlauf nehmen und sogar lebensgefährlich werden.
In solchen Fällen greifen Ärzte oft zu antiviralen Medikamenten wie Oseltamivir (Tamiflu) oder Zanamivir (Relenza), um den Krankheitsverlauf zu mildern und Komplikationen zu verhindern. Die Standarddosierung dieser Medikamente ist in der Regel auf fünf Tage ausgelegt. Aber was ist, wenn der Verlauf hartnäckiger ist und die Symptome nicht abklingen wollen?
"Bei schweren Grippeverläufen, bei denen die Standarddosierung nicht ausreicht, um die Symptome zu kontrollieren, kann eine höhere Dosierung durchaus sinnvoll sein", erklärt Dr. Maria Schneider, Fachärztin für Innere Medizin. "Allerdings muss man dabei stets die Risiken und Nebenwirkungen im Auge behalten."
Tatsächlich zeigen einige Studien, dass eine Erhöhung der Dosis bei bestimmten Patienten durchaus positive Ergebnisse liefern kann. Eine 2014 im "Journal of Antimicrobial Chemotherapy" veröffentlichte Metaanalyse kam zu dem Schluss, dass eine doppelte Dosis von Oseltamivir im Vergleich zur Standarddosierung die Dauer der Symptome um etwa einen halben Tag verkürzen kann.
Allerdings warnen Experten auch vor möglichen Risiken einer Überdosierung. "Höhere Dosen können die Nebenwirkungen verstärken, wie zum Beispiel Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall", so Dr. Schneider. "Außerdem steigt das Risiko für Resistenzbildungen, wenn die Medikamente nicht korrekt eingenommen werden."
Eine interessante Perspektive bringt Dr. Hans Weber, Facharzt für Intensivmedizin, ein: "In manchen Fällen, vor allem bei schwerkranken Patienten auf der Intensivstation, kann eine intravenöse Verabreichung der antiviralen Medikamente sinnvoll sein. So lässt sich die Bioverfügbarkeit erhöhen und eine schnellere Wirkung erzielen."
Doch nicht jeder Experte ist von dieser Vorgehensweise überzeugt. "Die Datenlage zu intravenösen Verabreichungen ist noch relativ dünn", merkt Dr. Schneider an. "Wir müssen hier sehr vorsichtig sein und weitere Studien abwarten, bevor wir diese Methode großflächig empfehlen können."
Letztendlich scheint es keine Patentlösung zu geben. Die Entscheidung, ob eine Erhöhung der Dosis oder sogar eine intravenöse Verabreichung sinnvoll ist, hängt vom Einzelfall ab und muss sorgfältig mit dem behandelnden Arzt abgewogen werden. Wichtig ist, dass die Risiken und Nebenwirkungen stets im Blick bleiben.